Aktuelles
hier: Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 15. März 2007
26.04.2007
Sehr geehrte Damen und Herren,
das Landesarbeitsgericht München hat mit dem in der Anlage
beigefügten Urteil vom 15. März 2007 (Az.: 4 Sa 1152/06) einen
Arbeitgeber zur Rückzahlung der aufgrund einer
Entgeltumwandlungsvereinbarung an eine Unterstützungskasse bzw.
deren Rückdeckungsversicherung abgeführten Entgeltbestandteile an
den Arbeitnehmer verpflichtet. Die von der Unterstützungskasse
abgeschlossene Rückdeckungsversicherung hatte einen gezillmerten
Tarif zum Inhalt mit der Folge, dass den von der Arbeitnehmerin, der
Klägerin, im Wege der Entgeltumwandlung aufgewendeten 35
monatlichen Beträgen i. H. v. insgesamt 6.230,-- Euro zum Zeitpunkt
des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis ein Rückkaufswert der
Versicherung i. H. v. 639,-- Euro gegenüber stand.
Nach Auffassung des LAG München ist die
Entgeltumwandlungsvereinbarung der Arbeitsvertragsparteien wegen der
erfolgten Zillmerung des (Rückdeckungs)Lebensversicherungsvertrages
rechtsunwirksam, weshalb der ursprüngliche Vergütungsanspruch der
Klägerin aus ihrem Arbeitsvertrag mit dem beklagten Arbeitgeber wieder
„auflebe“, dieser ihr somit zustehe, der Höhe nach begrenzt durch den
Abzug des Rückkaufswertes der Rückdeckungsversicherung.
· Die Unwirksamkeit der Entgeltumwandlungsvereinbarung ergebe sich
primär aus einem Verstoß gegen das zwingende gesetzliche Gebot der
Umwandlung in eine den umgewandelten Entgeltansprüchen
„wertgleiche Anwartschaft“ auf Versorgungsleistungen (§ 1 Abs. 2 Ziff. 3
BetrAVG). Gezillmerte Versicherungsverträge genügten dem Gebot der
Gleichwertigkeit zwischen dem Wert der Versorgungszusage und dem
eingesetzten Arbeitsentgelt grundsätzlich – jedenfalls bei Verteilung der
Abschlusskosten auf einen kürzeren, etwa 10 Jahre unterschreitenden
Zeitraum – nicht.
· Ferner verstoße die Durchführung einer
Entgeltumwandlungsvereinbarung mit einem gezillmerten
(Rückdeckungs)Lebensversicherungs-vertrag gegen § 307 Abs. 1 S. 1,
Abs. 2 Ziff. 1 BGB, weil diese den Arbeitnehmer, die Klägerin,
unangemessen benachteilige und mit wesentlichen Grundgedanken der
gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren sei.
· Des Weiteren verstoße die Zillmerung einer (Rückdeckungs)Lebensversicherung
gegen die Grundgedanken der Portabilität der
Betriebsrentenansprüche gem. § 4 BetrAVG und sei auch deshalb
rechtsunwirksam.
· Schließlich verstoße die Zillmerung der (Rückdeckungs)Lebensversicherung
gegen die Grundsätze der neueren Rechtsprechung des
BGH und des Bundesverfassungsgerichts.
Das Urteil des LAG München ist keinerlei Hinsicht überzeugend. So ist
das Wertgleichheitsgebot auch bei einem gezillmerten Tarif erfüllt.
Insbesondere ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass der
Arbeitnehmer durch einen gezillmerten Tarif nicht per se benachteiligt
wird; insbesondere in den Fällen, in denen der Versicherungsvertrag bis
zum Ende durchgeführt wird, erhält der Arbeitnehmer regelmäßig eine
höhere Ablaufleistung als bei einem ungezillmerten Tarif. Sofern der
Arbeitnehmer über die mit der Zillmerung verbundenen Folgen
hinreichend aufgeklärt worden ist, ergibt sich die Wertgleichheit vor dem
Hintergrund, dass es sich bei der Entgeltumwandlungsvereinbarung um
eine privatautonome, freiwillige Abrede handelt, implizit. Daraus folgend
liegt auch keine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers vor,
so dass § 307 BGB nicht greift. Vor diesem Hintergrund ist erst recht
nicht nachvollziehbar, warum die Verwendung eines gezillmerten Tarifes
zu einer Unwirksamkeit der auf die Zusage von
Altersversorgungsleistungen des Arbeitgebers gerichteten
Entgeltumwandlungsvereinbarung mit der Folge eines
Rückzahlungsanspruches des Arbeitnehmers bezüglich der geleisteten
Beiträge führen sollte.
Auch die vom LAG München herangezogenen höchstrichterlichen
Entscheidungen sind u. E. gerade nicht zur Begründung des Urteils
geeignet. So wird im Gegenteil in dem Urteil des
Bundesverfassungsgerichtes vom 26.07.2005 sowie in dem Urteil des
Bundesgerichtshofes vom 12.10.2005 gerade die grundsätzliche
Zulässigkeit der Zillmerung bejaht. Insbesondere hat der BGH
festgestellt, dass das Zillmerverfahren nicht im Sinne des § 307 BGB als
materiell unangemessene Benachteiligung anzusehen ist.
Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber im Rahmen der
anstehenden Novellierung des VVG selbst von der Zulässigkeit einer
Verrechnung von Abschlusskosten ausgeht. Bekanntlich ist lediglich eine
Modifizierung des Zillmerverfahrens geplant, nach der die
Abschlusskosten auf die ersten 5 Jahre der Vertragslaufzeit zu verteilen
sind. Insofern widerspricht das Urteil des LAG München der Wertung des
Gesetzgebers, die auch im Entwurf der VVG-Reform ihren Ausdruck
findet.
Das Urteil des LAG München ist noch nicht rechtskräftig. Gegen das
Urteil kann der beklagte Arbeitgeber Revision einlegen. Der GDV wird
das weitere Vorgehen in dieser Angelegenheit in seinen zuständigen
Gremien beraten. So könnte der GDV ggf. noch im laufenden Verfahren
zur VVG-Reform an den Gesetzgeber herantreten mit der Forderung
nach einer gesetzlichen Klarstellung der Zulässigkeit von
Versicherungstarifen, die den Vorgaben des VVG-E entsprechen, auch im
Rahmen von Entgeltumwandlungsvereinbarungen in der betrieblichen
Altersversorgung.
Für Rückfragen steht Ihnen Herr Dr. Raulf jederzeit gern unter der o. a.
Rufnummer zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Heilmann Gabriele Hoffmann
Anlage
Aktenzeichen: 3.2.4.14
© 2007 Gesamtverband der Deutschen Versicherung e. V.
Autor/en: Raulf, Dr. Markus
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E-Mail: m.raulf@gdv.org
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geschrieben am 24.05.2007 um 15:43 Uhr.